Chapitre 8
Wieder dachte er einige Minuten lang nach. „Nein”, wiederholte er schließlich, „ich glaube nicht, dass sie gläubig war. Aber ... wie soll ich es ausdrücken? ... ich bin überzeugt, dass sie an die Religion glaubte. An das Judentum. An die Traditionen, wenn Sie wollen, oder, besser gesagt, an die Gesten, die die Traditionen ausmachen. Die Traditionen, die uns mit unseren Vorfahren verbinden und beweisen, dass sie nicht umsonst gelitten haben.”
Die Richter, der Staatsanwalt, die Anwältin, sogar die Zuschauer, alle schwiegen. In dem Saal herrschte eine Stille, die so dicht war, dass man sie fast berühren konnte. Als ob niemand es wagte, auch nur zu atmen. Nur die Gedanken schwebten in der Luft, lauter als Worte.
„... die beweisen”, fuhr der Kantor fort, „dass unsere Vorfahren nicht tot sind. Dass sie in unseren Köpfen leben. In unserem Geist. In unseren alltäglichen Gesten.”
Plötzlich hob er den Kopf. Seine Stimme hatte ihre Kraft zurückgewonnen. „Und dass Gott nicht tot ist. Abrahams Gott. Der Gott, der Moses die Gesetzestafeln anvertraute. Der mein Volk befreite. Zuerst von der Sklaverei in Ägypten. Später vom Tod in Deutschland.”